Geburtsprivileg
Der Umgang mit Privilegiertheit
Heute ist mir etwas aufgefallen, das mir zu denken gibt.
Ich fuhr mit sehr lieben Menschen, die mir nahe stehen und wichtig sind, im Auto. An einer Ampel stand eine Frau. Sie kam erkennbar aus einem anderen kulturellen Hintergrund und erhoffte sich Geld von den Autofahrern. Dafür trat sie an jedes Auto heran und versuchte, Blickkontakt mit den Insassen aufzunehmen – um die Chance zu erhöhen auf ein paar Münzen oder vielleicht sogar einen Geldschein.
Die beiden, mit denen ich im Auto saß, sind herzliche und wundervolle Menschen. Sie haben einen großen Freundeskreis, sind aufmerksam und stets bereit, zuzuhören und zu unterstützen. Es sind Menschen, die Zusammenhänge verstehen, denen es gut geht, die aber auch einiges dafür getan haben.
Und doch stellte ich fest: Die Fahrerin fuhr zunächst nicht so nah an die Ampel heran, wie der Abstand zwischen den Autos es erlaubt hätte. Als die Frau auf der Straße sich dem Fahrzeug näherte, rollte sie vorsichtig ein Stück vor. Der Beifahrer kommentierte das – eher höhnisch – mit den Worten, wie unfreundlich das doch von der Fahrerin sei, wo die Frau draußen doch gerade ihr „trauriges Gesicht“ aufsetzen wollte. Beide lachten.
Es war nur ein kurzes, beiläufiges Gespräch. Aber ich saß hinten im Fahrzeug und fühlte mich unbehaglich.
Die Frage dahinter
Dann habe ich mich gefragt: Wie kommt es, dass diese ansonsten so herzlichen und zugewandten Menschen in diesem Moment so achtlos und scheinbar herzlos reagieren?
Wir sind klar privilegiert: in Deutschland geboren, sichtbar dem westeuropäischen Kulturkreis zugeordnet, gut ausgebildet, finanziell abgesichert – und damit weltweit in einer sehr vorteilhaften Position.
Und noch etwas: Wer gerade hier diesen Text liest, gehört unweigerlich zu jenen Menschen, die privilegiert sind. Denn er oder sie hat freien Zugang zum Internet, fühlt sich im Moment nicht direkt bedroht und hat die Möglichkeit, sich mit Fragen der persönlichen Entwicklung zu beschäftigen. Allein das ist ein Luxus, der nicht selbstverständlich ist.
Innere Dissonanz
Ich verstehe jeden, der sagt: „Ich möchte kein Geld geben.“ Darum geht es mir nicht. Mir ist wichtig, dass wir alle in unserem Inneren hinschauen: Warum reagieren wir so?
Ich glaube, sich der eigenen Privilegiertheit bewusst zu sein und gleichzeitig zu erkennen, dass man in dem Moment etwas geben könnte – sich aber entscheidet, es nicht zu tun – versetzt viele Menschen in eine innere Dissonanz.
Und manchmal kommt noch etwas hinzu: Menschen, die Geld erbitten, versuchen mitunter sehr stark Mitleid hervorzurufen oder treten so nah, dass es als Grenzverletzung empfunden wird. Auch das erklärt, warum wir uns verschließen oder härter reagieren, als wir es von uns kennen.
Doch selbst dann bleibt: Wir sind diejenigen, die durch den Zufall unserer Geburt in sichereren, besseren Bedingungen leben. Das macht uns nicht zu „besseren Menschen“. Es bedeutet nur, dass wir leichter das Privileg haben, Nein zu sagen – und trotzdem respektvoll zu bleiben.
Was bleibt
Eine Wertschätzung jedes Menschen. Eine Herzlichkeit gegenüber jedem Menschen.
Und wenn es mir in dem Moment nicht gelingt, diese Herzlichkeit nach außen zu kehren – vielleicht gelingt mir wenigstens ein freundliches Lächeln.
Denn wenn wir stattdessen höhnisch werden und Dinge sagen, die wir gar nicht wissen, kränken wir letztlich auch uns selbst. Wir entwerten etwas in uns, das eigentlich nach Menschlichkeit strebt.
Das Verbindende
Gerade weil solche Begegnungen uns manchmal überfordern, lohnt es sich, an etwas zu erinnern: Wir alle teilen dieselbe Fähigkeit zu fühlen.
So unterschiedlich unsere äußeren Lebensumstände auch sein mögen – Traurigkeit, Schmerz, Demütigung, Freude, Liebe, Herzlichkeit sind Erfahrungen, die uns verbinden. Jeder von uns kennt Sorgen. Jeder von uns kennt Momente der Sorglosigkeit. Jeder von uns kennt Herzlosigkeit. Und jeder von uns sollte Herzlichkeit kennen.
Vielleicht ist genau dieses Erinnern die kleine Brücke, die bleibt: Menschsein heißt, nicht zu vergessen, wie ähnlich wir uns im Innersten sind.
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